Richtig Anweisungen geben: von sanft & freundlich bis klar & deutlich
Hast du dich auch schon mal schmerzhaft verrenkt beim Spagat zwischen „bloß nicht zu nett & harmlos wirken“ und „ja nicht wie ein Bulldozer auftreten“? 🤸😵
Wenn junge Führungskräfte das erste Mal in eine Position kommen, in der sie anderen Menschen Anweisungen geben können, dürfen und sollen, schwanken sie oft etwas hilflos zwischen den beiden oben genannten Extremen hin und her.
Und der Struggle ist real, denn wir alle haben in unserem Berufsleben schon Vorgesetzte erlebt, die entweder mit flehentlichem Blick um die Erledigung wichtiger Aufgaben gebettelt oder in Feldherrenmanier ihrer „Kompanie“ Befehle zugebrüllt haben.
Souverän ist weder das eine noch das andere. Nein, so lassen sich Menschen nicht motivieren. Und so sollen die Beziehungen zu unseren eigenen Teammitgliedern auf keinen Fall aussehen!
Nur: Wie dann? Die richtigen Worte zu finden, sodass unsere Anweisungen einerseits klar & verständlich und andererseits freundlich & wertschätzend sind – das ist eine Kunst für sich.
Was, wenn die Anweisung missverstanden wird, weil wir sie zu indirekt und vage formuliert haben? Was, wenn unser Gegenüber gekränkt reagiert, weil wir ihm genau gesagt haben, was er wie bis wann zu tun hat? Und was (oh Graus), wenn unsere Anweisung gar nicht befolgt wird?
Okay, okay, tief durchatmen. Nachdem unsere Angst jetzt unsere innere Bühne mit ihren wirklich beeindruckenden Schreckensszenarien bespielen durfte, lassen wir doch als Nächstes mal unsere Vernunft und unsere Zuversicht ans Mikro. Was sagen die denn?
„Mal ehrlich, es muss doch Mittel und Wege geben, wie man Anweisungen so formulieren kann, dass sie verstanden, akzeptiert und umgesetzt werden. Das wird man doch sicher irgendwie lernen können, das ist doch keine Geheimwissenschaft! Und wenn andere das können, dann schaffen wir das auch (gleicher genetischer Bauplan und so)!“
Recht haben sie, die beiden! 😉 Klare, präzise und wertschätzende Anweisungen folgen bestimmten Regeln. Und die sind bekannt. Die kann man lernen. Und anwenden und für sich und die eigene Situation adaptieren.
Na, wenn das so ist, dann stellen wir unserem Duo aus Vernunft & Zuversicht jetzt am besten noch unseren inneren Abenteurer an die Seite (und ggf. auch unsere Tropenmedizinerin) und begeben uns in 3 spannenden Etappen auf Entdeckungsreise in die farbenfrohe Welt der Anweisungen!
Für alle in Eile: Hier geht’s zur Zusammenfassung.
Etappe 1: Verwirrende Artenvielfalt - Die richtige Anweisung für deinen Zweck
Schon bei der ersten Begegnung mit der Gattung „Anweisungen“ fällt die atemberaubende und verwirrende Vielfalt ihrer Arten & Formen auf.
Anweisungen können als Frage, als Bitte, als Vorschlag oder als Empfehlung formuliert werden. Sie treten als Aufforderung, Erwartung, Befehl oder Drohung in Erscheinung. Auch in der Form von Anregungen, Forderungen, Belehrungen, Wünschen oder Warnungen wurden sie schon gesichtet. Ein wahres Feuerwerk der Linguodiversität! 🪄🎆
Doch was den Forschergeist erfreut, verunsichert neue Führungskräfte mitunter zutiefst. Nehmen wir als Beispiel die einfache Frage:
„Kannst du nochmal kurz ins Postfach schauen, bevor du heute gehst?“
Das kann als echte Frage gemeint sein:
„Schaffst du es zeitlich, ins Postfach zu schauen, bevor du gehst?“ / „Hast du die Zugriffsrechte, um ins Postfach zu schauen?“
oder als indirekte, höflich formulierte Anweisung:
„Schau bitte nochmal ins Postfach, bevor du gehst.“
Es besteht also schon beim Absenden der Botschaft eine gewisse Bedeutungsvielfalt. Genauso hat auch die Person, die die Botschaft empfängt, einen Interpretationsspielraum: Welche Bedeutung hört sie heraus? Eine unverbindliche Frage? Eine freundliche Anweisung? Oder einen Befehl, dem sie nicht widersprechen darf?
Exkurs:
Falls du merkst, dass du dazu neigst, hinter allen Arten von Hinweisen, Fragen oder Bemerkungen eine Aufforderung zu hören, dann empfehle ich dir einen kleinen Abstecher zum 4-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun. Du kannst lernen, dein überausgesprägtes Appell-Ohr durch die drei weiteren Ohren für die Sachebene, die Selbstkundgabe und die Beziehungsebene zu ergänzen. So erhältst du mehr Freiheit bei der Entscheidung, wie du eine Nachricht hören und interpretieren willst – statt immer direkt zu springen und zu machen, was dein Gegenüber (vermeintlich) von dir erwartet.
Diese Vielfalt möglicher Anweisungen ist aber nicht nur verwirrend – sondern auch ein großer Vorteil!
Du kannst deine Anweisung je nach eigener Persönlichkeit, nach Kontext und der Beziehung zu deinem Gegenüber direkter oder indirekter, höflicher oder knapper, sachlicher oder wertschätzender formulieren – und hast damit eine große Bandbreite an Möglichkeiten, flexibel und souverän mit unterschiedlichen Menschen und Situationen umzugehen. Das ist besonders hilfreich, wenn du gemäß dem situativen Führungsstil agierst, also als Führungskraft wechselnde Rollen einnimmst, z.B. Facilitator*in, Coach oder auch disziplinarische*r Vorgesetzte*r.
Um mal ein bisschen Ordnung in die Sache zu bringen, habe ich die große Bandbreite möglicher Anweisungen in fünf Gruppen unterteilt und von butterweich bis hammerhart sortiert. (Spoiler: Nicht alle sind gleichermaßen geeignet!)
🦋 Gruppe 1: Wenn Menschen eine Anweisung besonders sanft, vorsichtig und freundlich formulieren wollen oder auch unsicher sind, ob sie überhaupt Anweisungen geben dürfen, greifen sie gerne auf Anregungen, Empfehlungen, Hinweise oder Vorschläge zurück:
„Vielleicht wäre es gut, wenn du wegen der Leitungsstörung nochmal bei der Telekom anrufst, wenn du Zeit hast.“
Gut zu wissen: Hier lässt du der Form nach deinem Gegenüber viel Raum, deine Aussage ganz unverbindlich zur Kenntnis zu nehmen, zu ignorieren oder mit dir über alternative Vorgehensweisen zu diskutieren. Mit Ausnahme der Teammitglieder mit ausgeprägtem Appell-Ohr verstehen die meisten deiner Kolleg*innen wahrscheinlich nicht, dass es sich bei dieser butterweichen Formulierung um eine Anweisung handelt.
❓ Gruppe 2: Viele Führungskräfte greifen statt zu einer klaren & direkten Anweisung lieber zur Formulierung eines Wunsches, einer Frage oder einer Bitte:
„Könntest du wegen der Leitungsstörung nochmal bei der Telekom anrufen? Es wäre gut, wenn der Anruf, den ich heute Nachmittag erwarte, durchkommt. Danke dir.“
Gut zu wissen: Hier hat dein Gegenüber zumindest theoretisch die Möglichkeit, ohne negative Konsequenzen Nein zu sagen (eine Bitte ist keine Forderung). Die meisten deiner Teammitglieder werden deine Frage als Anweisung verstehen, manche könnten sie allerdings auch überhören oder als Einladung zu Diskussionen interpretieren.
✅ Gruppe 3: Möchtest du ganz klar kommunizieren, was du von deinem Teammitglied erwartest (wer macht was bis wann?), bieten sich direkte Aufforderungen oder ein konkreter Arbeitsauftrag an:
„Bitte ruf in der nächsten Stunde wegen der Leitungsstörung nochmal bei der Telekom an. Ich erwarte heute Nachmittag einen wichtigen Anruf und will, dass er durchkommt. Danke.“
Gut zu wissen: Ab hier wird es für dein Gegenüber schwierig, sich zu verweigern, ohne die Beziehungsebene oder deinen Status als Führungskraft anzukratzen. Du legst allerdings noch nicht deine volle Autorität in die Waagschale, sondern bewegst dich eher auf einer Ebene, wo du aufgrund deiner Position eben auch mal klare Anweisungen geben darfst, wenn es nötig ist. Ggf. kannst du deinen Auftrag auch begründen, um ihn für dein Gegenüber nachvollziehbarer zu machen.
❗Gruppe 4: In der vierten Stufe drückst du ganz deutlich eine Forderung, eine offizielle Anordnung oder – je nach Berufsfeld – sogar einen Befehl aus:
„Du rufst jetzt direkt bei der Telekom an und sorgst dafür, dass die Leitungsstörung behoben wird, damit ich wieder regulär arbeiten kann.“
Gut zu wissen: Hier lässt du keinen Raum für Widerspruch, sondern erwartest, dass genau das umgesetzt wird, was du sagst. Dazu nutzt du die Macht deiner Position / Hierarchie im Team. Achtung: Durch diese Kommunikationsform können bei deinem Gegenüber Gefühle wie Wut, Hilflosigkeit oder Kränkung entstehen, was zu verstecktem oder offenem Widerstand führen kann.
💥 Gruppe 5: Wenn Anweisungen (wiederholt) nicht befolgt werden, greifen viele Führungskräfte zur Ultima Ratio und sprechen eine Warnung, eine Androhung von Konsequenzen oder ein Ultimatum aus:
„Wenn du jetzt nicht sofort bei der Telekom anrufst und dafür sorgst, dass ich wieder arbeiten kann, wird das ernste Konsequenzen für dich haben!“
Gut zu wissen: Drohungen sind ganz schön harter Tobak. An diesem Punkt befindest du dich in einem offenen Machtkampf, in dem es ums Besiegen des anderen geht. Ein echtes Miteinander ist kaum mehr möglich. Im Abschnitt Was, wenn deine Anweisung nicht befolgt wird?, gebe ich dir Tipps, wie du eine solche Eskalation vermeiden kannst.
Die Art und Weise, wie Führungskräfte Anweisungen geben, hängt entscheidend von ihrer Persönlichkeit, von der konkreten Situation und ihrer Beziehung zur anderen Person ab. Als Grundregel empfehle ich dir, Anweisungen respektvoll und klar zu formulieren und auch die Bedürfnisse und Wünsche der anderen Person zu berücksichtigen. Die Anweisungsarten aus Gruppe 2 und 3 eignen sich in der Regel am besten dafür.
So, genug systematisiert, sortiert und gruppiert – jetzt wagen wir uns an ein ganz konkretes Exemplar aus dem Alltag heran, live & in Farbe!
Etappe 2: Formulierungsbeispiele - von sanft & freundlich bis klar & deutlich
Folgende Situation:
Du bist Projektleiter*in eines kleinen Teams von 4 Personen. Du möchtest, dass dein Kollege Mika dir nach euren Meetings jeweils das Protokoll per E-Mail zuschickt, spätestens bis 10 Uhr des Folgetags. Es existiert bereits eine Protokollvorlage, die er nutzen kann und die alle Teammitglieder abgesegnet haben.
Die folgenden Formulierungsbeispiele erfüllen alle die Kriterien der inhaltlichen Klarheit und des zwischenmenschlichen Respekts. Wie du sehen wirst, unterscheiden sie sich dennoch deutlich voneinander.
Überleg dir, während du sie liest, welche Formulierungen dich ansprechen und welche du in der beschriebenen Situation wählen würdest. Welche fühlen sich für dich stimmig an – und welche eher nicht?
- „Ich frage mich, ob du mir vielleicht in Zukunft nach unseren Meetings das Protokoll per Mail zuschicken könntest, am besten bis 10 Uhr des Folgetags. Geht das?“
- „Ich habe mir überlegt, dass du nach unseren Meetings ein Protokoll erstellen und es mir bis zum Morgen des Folgetags zuschicken könntest. Wäre das für dich machbar?“
- „Ich bräuchte mal deine Hilfe: Ich möchte gerne nach unseren Meetings eine Zusammenfassung, was wir besprochen haben. Kannst du vielleicht unsere Vorlage nutzen und mir jeweils ein Kurzprotokoll nach den Meetings zusenden?“
- „Könntest du mir nach unseren Meetings jeweils das Protokoll per Mail zuschicken? Das wäre super, danke!“
- „Es wäre großartig, wenn du mir nach unseren Meetings ein Protokoll zuschicken könntest. Kannst du das bitte künftig mit einplanen?“
- „Bist du einverstanden, mir bis morgen 10 Uhr das Protokoll unseres heutigen Meetings zuzuschicken? Ich danke dir!“
- „Würdest du mir bitte nach dem Meeting ein Protokoll zuschicken? Vielen Dank.“
- „Bitte schick mir nach dem Meeting noch das Protokoll zu, gerne bis morgen um 10 Uhr. Danke!“
- „Bitte sorg dafür / stell sicher, dass ich nach dem Meeting das Protokoll zugeschickt bekomme.“
- „Bitte denk daran, mir nach dem Meeting das Protokoll zuzuschicken.“
- „Ich gehe davon aus, dass du mir nach dem Meeting das Protokoll zuschickst, richtig?“
- „Kann ich damit rechnen, dass du mir bis morgen früh das Protokoll schickst?“
- „Es ist wichtig, dass ich das Protokoll bis morgen 10 Uhr bekomme.“
- „Ich brauche das Protokoll bis spätestens morgen um 10 Uhr.“
- „Bitte kümmere dich darum, dass ich das Protokoll bis morgen früh bekomme.“
- „Ich möchte, dass du mir nach dem Meeting das Protokoll zuschickst.“
- „Das Protokoll muss bis spätestens morgen um 10 Uhr bei mir sein.“
Als Kommunikationstrainerin ist es mir ein Anliegen, dass du deine eigenen, authentischen Formulierungen findest, die wirklich zu dir und deiner Situation passen. Ich lade ich dich hiermit ein, kreativ zu sein und mit den Sätzen ein bisschen zu spielen! 😉 🧩 🎲
Denk an eine eigene Job-Situation, in der du einer Person aus deinem Team eine Anweisung geben möchtest. Schnapp dir jetzt Stift und Zettel und pass die Beispielsätze, die dich ansprechen, für deine eigene Situation an. Ergänze oder streiche Wörter und Wendungen, bis die Formulierungen für dich passen. Sprich die Satzvarianten dabei gerne laut aus, um zu hören, ob sie aus deinem eigenen Mund stimmig klingen. (Tipp: An manche Formulierungen muss man sich erst gewöhnen. Gib bestimmten Sätzen also gerne auch eine zweite oder dritte Chance.)
Hier ein paar Anregungen, an welchen „Stellschrauben“ du drehen kannst, um deinen eigenen Stil zu finden:
- Konjunktiv & Indikativ
- Füllwörter & Weichmacher
- Bitte & Danke
- Dringlichkeitsmarker
- Direktheit & Indirektheit
- Frage & Aussage
Wenn du gerade erst damit beginnst, Anweisungen zu geben, verwendest du wahrscheinlich am Anfang viele Formulierungen im Konjunktiv (könnte, würde, hätte) oder fügst sprachliche „Weichmacher“ ein (vielleicht, eventuell, wenn es dir nichts ausmacht). Mit zunehmender Übung und Erfahrung wirst du merken, dass du gar nicht so viele davon brauchst. Dein Tonfall, dein Gesicht und deine Körperhaltung zeigen in der Regel mehr als deutlich, ob du der anderen Person gegenüber freundlich und wohlgesonnen bist. Schau mal, wo du in den Beispielen oben Konjunktive und Weichmacher findest. Wie klingen diese Sätze ohne Weichmacher und Konjunktiv (z.B. „kannst du“ statt „könntest du vielleicht“)? Und wie klingen die direkteren Varianten im Indikativ, wenn du sie mit Konjunktiven und Füllwörtern anreicherst?
Wie oft du „bitte“ und „danke“ in deine Anweisungen einbaust, hängt u.a. von deiner Persönlichkeit, dem Umfeld, in dem du aufgewachsen bist, und deinem Verhältnis zum Gegenüber ab. Ich selbst empfinde „bitte“ und „danke“ vor allem als höflich und wertschätzend. Natürlich kannst du es damit auch übertreiben und dann bittstellerisch oder unterwürfig wirken. Teste am besten aus, welche Dosis wann für dich am besten passt. 😉 Wenn du magst, ergänze oder streiche in den Beispielsätzen mal die beiden Wörter und schau, was das für einen Unterschied macht.
Wenn du deiner Anweisung mehr Nachdruck verleihen möchtest, kannst du Dringlichkeitsmarker wie „umgehend“, „sofort“, „unbedingt“ oder „direkt“ einfügen. Schau mal, welche Wirkung die Sätze haben, wenn du sie auf diese Weise absoluter oder fordernder machst.
Ist dir aufgefallen, dass manche Beispielsätze gar nicht genau spezifizieren, wer für das gewünschte Ergebnis verantwortlich sein soll? Du kannst Sätze ganz direkt formulieren, indem du gezielt jemanden benennst und ansprichst. Du kannst auch indirekt bleiben, indem du einen Satz im Passiv formulierst (XY soll gemacht werden) oder einfach einen erwünschten Zustand beschreibst (XY soll vorliegen / erledigt sein). Schau mal, welche Sätze so indirekt formuliert wurden. Was denkst du: Funktionieren Anweisungen, in denen konkrete Menschen angesprochen werden, im Schnitt besser oder schlechter als indirekte?
Wenn du Lust auf weitere Variationen hast, dann mach gerne mal aus den aufgeführten Fragen Aussagen und umgekehrt. Erkennst du eine Präferenz, welche Variante du im echten Leben häufiger nutzt? Hast du Lust, mal verstärkt die andere Variante auszuprobieren?
Wenn du mit deinen gefundenen Formulierungen zufrieden bist, können wir dieses gut kartografierte Terrain jetzt verlassen und tiefer in den Dschungel vordringen, wenn du dich traust. 😉 Wir erkunden in der nächsten Etappe Situationen, in denen selbst klar & freundlich formulierte Anweisungen auf Widerstand stoßen und möglicherweise sogar um ihre Existenzberechtigung ringen. Bist du bereit? Dann check nochmal kurz dein Medikamentenköfferchen und putz dein Fernglas aaaand off we go!
Etappe 3: Was, wenn deine Anweisung nicht befolgt wird?
The horror! The horror! 😱
Du hast alles richtig gemacht: Du hast eine respektvolle und klare Anweisung gegeben und trotzdem, trotzdem sagt dein Gegenüber nicht: „Alles klar, wird gemacht, Cheffe!“, sondern es passiert … gar nichts. Oder etwas ganz anderes als das, was du wolltest.
Begeben wir uns doch mal auf Spurensuche:
Als Erstes solltest du herausfinden, WARUM deine Anweisung nicht befolgt wurde:
- Gab es ein Missverständnis? War deine Anweisung wirklich präzise und verständlich?
- Gab es Hindernisse bei der Ausführung deiner Anweisung?
- Hat dein Gegenüber vielleicht eine andere oder bessere Idee und sträubt sich innerlich, deine Anweisung auszuführen?
- Ist dein Gegenüber möglicherweise gekränkt und hat den Arbeitsauftrag absichtlich ignoriert oder sabotiert?
Die Antwort kannst du dir leider nicht verlässlich selbst geben, also auf ins Gespräch mit deinem Teammitglied! (Wenn du mehr über effektive Gesprächsführung erfahren willst, empfehle ich dir diese Artikel: Unangenehme Themen ansprechen, Konstruktiv Feedback geben & Konflikte klären ohne Streit)
Erklär kurz und möglichst sachlich, was deiner Meinung nach der Sachverhalt ist, und stell dann eine Frage, um die Hintergründe zu verstehen. Ganz wichtig: Das ist kein Verhör und dein Gegenüber ist nicht angeklagt! Du willst in diesem Schritt verstehen, was los ist, nicht verurteilen.
Das kann z.B. so klingen:
„Ich habe dir gestern gesagt, dass du mir das Protokoll bis heute um 10 Uhr zuschicken sollst. Jetzt ist es 12 Uhr und ich habe es noch nicht bekommen. Mich interessiert, woran es hängt. Gab es Probleme? War meine Anweisung eventuell unklar? Ist etwas Unvorhergesehenes passiert?“
Mini-Life-Saver:
Wenn es mit einer Person häufiger zu Missverständnissen kommt, bitte sie, deine Anweisung nochmal in eigenen Worten zu wiederholen, um sicherzugehen, dass sie wirklich verstanden hat, was du von ihr möchtest. Falls das, was angekommen ist, nicht mit deiner Intention übereinstimmt, kannst du direkt einschreiten und deine Anweisung präzisieren.
Je nachdem, was dein Gegenüber geantwortet hat, kannst du z.B. Verständnis zeigen und deine Unterstützung anbieten:
„Okay, das verstehe ich. Was brauchst du, damit du mir das Protokoll schnellstmöglich zuschicken kannst? / Wie kann ich dich unterstützen, um sicherzustellen, dass das Protokoll bis 14 Uhr auf meinem Tisch liegt?“
Oder ihr überlegt gemeinsam, welche bessere Lösung es geben könnte:
„Das kann ich nachvollziehen. Was schlägst du alternativ vor, wie wir in Zukunft mit dem Thema Protokolle umgehen?“
Alternativ kannst du auch bei deiner ursprünglichen Anweisung bleiben. Erklär sie am besten nochmal und mach deine Gründe nachvollziehbar:
„Mir ist wichtig, dass wir unsere Meetingergebnisse schriftlich festhalten, damit alle Bescheid wissen, was wir besprochen haben. Ich sehe, dass du in unseren Meetings aufmerksam mitschreibst. Mit unserer Vorlage sollte es nur wenige Minuten dauern, die Ergebnisse und To-Dos zu protokollieren. Kann ich dir diese Aufgabe übertragen und mich darauf verlassen, dass du mir das Protokoll bis 10 Uhr des Folgetags zuschickst?“
Oder du entscheidest dich für ein Machtwort und setzt dich kraft deiner Autorität als Vorgesetze*r durch. Hier lauert eine Gefahr, die Maya Angelou wunderbar auf den Punkt gebracht hat:
„People will forget what you said, people will forget what you did, but people will never forget how you made them feel.”
Denk also daran, selbst bei einem konsequenten Machtwort fair, respektvoll und möglichst sachlich zu bleiben, z.B. so:
„Ich habe dir gestern gesagt, dass du mir das Protokoll bis heute um 10 Uhr zuschicken sollst. Ich habe es bis jetzt nicht bekommen. Ich möchte, dass du jetzt direkt nach unserem Gespräch das Protokoll schreibst und mir bis 14 Uhr per E-Mail zuschickst. Bitte sorg dafür, dass es in Zukunft keine Verzögerungen mehr gibt.“
Falls das Problem wiederholt auftritt, bemüh dich nochmal bewusst um eine Lösung:
„Ich habe dir mehrmals gesagt, dass du mir das Protokoll unserer Meetings bis 10 Uhr des Folgetags zuschicken sollst. Ich habe es jetzt zum dritten Mal nicht rechtzeitig bekommen. Ich kann noch nicht nachvollziehen, woran das liegt. Bitte nutze jetzt die Gelegenheit, den Sachverhalt mit mir zu klären, damit wir eine gute Lösung für die Zukunft finden.“
Wenn du merkst, dass du alleine nicht weiterkommst, zieh unbedingt eine unabhängige dritte Person hinzu, z.B. aus der HR-Abteilung, dem Betriebsrat oder auch professionelle Mediator*innen. In diesem Beispiel hier geht es lediglich um nicht rechtzeitig erstellte Protokolle. Im Arbeitsalltag kann es jedoch auch um deutlich gravierende Dinge gehen.
Zum Abschluss schauen wir uns jetzt die beiden wohl unangenehmsten Situationen an: die Ankündigung und Anwendung von Konsequenzen.
Das kann z.B. so klingen:
„Als Führungskraft bin ich verantwortlich für den Erfolg unserer Projekte und den Zusammenhalt in unserem Team. Falls du meine Anweisung weiterhin ignorierst und ich mich nicht auf dich verlassen kann, werde ich dich nicht mehr mit wichtigen Projektaufgaben betrauen können. Des Weiteren werde ich über disziplinarische Maßnahmen nachdenken.“
Angekündigte Konsequenzen solltest du bei einer erneuten Wiederholung in die Tat umsetzen, um als weisungsbefugte Führungskraft glaubwürdig zu bleiben:
„Du hast mir nun zum vierten Mal und trotz mehrerer Gespräche und Lösungsversuche kein Protokoll unseres letzten Meetings zugeschickt. Ich werde dich daher wie angekündigt bis auf Weiteres nicht mehr mit wichtigen Projektaufgaben betrauen. Außerdem kündige ich dir hiermit an, dass eine weitere Missachtung meiner Anweisungen eine Abmahnung zur Folge haben wird. Sollten deine Arbeit und Einstellung sich verändern und mich überzeugen, dass ich mich künftig auf dich verlassen kann, werde ich meine Entscheidung erneut prüfen.“
In seltenen Situationen und mit bestimmten Menschen, die das gesamte Arbeitsklima im Team zu vergiften drohen, kann es sinnvoll sein, so deutlich zu werden und ggf. auch disziplinarische Maßnahmen wie eine Abmahnung oder Kündigung auszusprechen. In der Regel empfehle ich allerdings, die Situation gar nicht erst so weit eskalieren zu lassen, denn ein Machtkampf auf der Arbeit kennt selten Gewinner. Hol dir daher unbedingt vorher Hilfe durch unabhängige Dritte (s.o.) und erwäge auch Schulungen, Coachings oder Mentoring, um bestimmte Fähigkeiten zu erlernen, Verhaltensweisen zu verändern oder Blockaden zu überwinden.
TL;DR: Die Erkenntnisse aus unserer Expedition
Herzlichen Glückwunsch, wir haben wohlbehalten aus dem Dschungel der Widerstände herausgefunden! 🥳
Damit haben wir das Ende unserer Expedition erreicht. 🚩🏁
In drei aufregenden Etappen haben wir die Gattung der Anweisungen umfassend erforscht und folgende Erkenntnisse gewonnen (aka DAS PROTOKOLL 😉 für alle Eiligen, Fußlahmen oder Lesemüden, die nicht bei allen Etappen dabei waren):
- Anweisungen können auf verschiedene Arten formuliert werden, z.B. als Bitte, Frage, Wunsch, Auftrag, Hinweis, Aufforderung, Befehl oder Drohung.
- Diese verschiedenen Varianten haben ganz unterschiedliche Wirkungen auf dein Gegenüber, deswegen: choose wisely. 💡
- Am besten funktionieren Anweisungen, die klar und respektvoll formuliert sind – und sowohl die eigenen Wünsche als auch die des Gegenübers berücksichtigen. Meine Favoriten sind Fragen, Bitten und Aufforderungen.
- Zwei gute Beispiele (zusätzlich zu den 17 im Artikel, just for the fun of it 😉):
„Kannst du mir nach unseren Meetings ein Protokoll per E-Mail zuschicken? Das wäre sehr hilfreich. Sag mir bitte, ob du das zeitlich einplanen kannst.“
„Ich brauche das Protokoll bis morgen um 10 Uhr. Bitte schick es mir nach dem Meeting per E-Mail zu. Danke!“
- Es ist wichtig, stimmige Formulierungen zu finden, die zur eigenen Persönlichkeit, zur konkreten Situation und zur Beziehung zum Gegenüber passen.
- Schieberegler für deinen eigenen Stil: Konjunktiv & Indikativ, Direktheit & Indirektheit, Füllwörter & Weichmacher, Bitte & Danke, Dringlichkeit, Fragen & Aussagen
- Das kannst du tun, wenn deine Anweisungen (wiederholt) nicht befolgt werden:
1. Herausfinden, woran es liegt
2. Anweisung geben & Gegenüber wiederholen lassen, was er verstanden hat
3. Andere, möglicherweise bessere Lösungen diskutieren
4. Unterstützung bei der Umsetzung anbieten
5. Anweisung begründen & wiederholen
6. Konsequenzen ankündigen
7. Konsequenzen ziehen
8. Sich durch qualifizierte Dritte beraten & unterstützen lassen
Alrighty, feddich, done, erledigt?
Kommt drauf an! Wenn der Artikel dein Verständnis von Anweisungen vertieft hat, du aber in der praktischen Anwendung struggelst, dann komm gerne auf mich zu!
Ich begleite dich weiter als Tourguide auf deiner Reise hin zu effektiven, klaren und wertschätzenden Anweisungen in deinem Berufsalltag!
Im individuellen 1:1-Training gehe ich ganz gezielt auf dich und deine kommunikativen Herausforderungen ein. Das Besondere an meiner Methode:
- Bei mir gibt’s keine Lösungen „von der Stange“, sondern ich berücksichtige deine Persönlichkeit & deinen eigenen Kommunikationsstil, sodass dein Auftreten & deine Kommunikation sich weiterentwickeln dürfen, aber immer stimmig bleiben und zu dir passen.
- Wir üben deine schwierige Gesprächssituation ganz praktisch und spielen verschiedene Varianten, Rollen und Szenarien durch, bis du dich sicher fühlst, das Gespräch im echten Leben erfolgreich zu führen.
- Als waschechtes Communicorn gibt’s bei mir keine trockenen Lehrvorträge, sondern viel Spaß & Interaktion mit Herz, Hirn und ordentlich Konfetti. 🎉
Du fühlst dich als junge Führungskraft oft nicht ganz ernst genommen? Dann schnapp dir deinen gratis Trainingsplan für mehr Durchsetzungsvermögen im Job & leg den nächsten Gang ein! Damit dich nichts mehr aufhält. 💪