Wirst du manipuliert? Vorsicht vor diesen Sprachtricks!
Hast du dich schon mal gefragt, warum du manchmal Dinge tust, die du eigentlich gar nicht tun wolltest? Deiner ehemaligen Mitbewohnerin zum vierten Mal beim Umzug helfen, alleine mitternächtliche Überstunden schrubben, doppelt so viel für den neuen Laptop ausgeben wie geplant, doch noch flugs eine mehrstöckige Buttercremetorte für den Geburtstag backen?
Wie kommt es immer wieder dazu, obwohl es in dir drin ganz laut „Halt, stopp, ich will das alles nicht!“ ruft?
Erklärung 1: Es fällt dir generell schwer, „Nein“ zu sagen, vor allem, wenn du direkt angesprochen und gefragt wirst. Falls das auf dich zutrifft, empfehle ich dir, den effektiven „Absage-Dreiklang“ oder auch die „Schallplatten-Technik“ zu lernen, die ich dir in diesem Artikel zum Thema „Nein sagen“ verrate.
Erklärung 2: Du kannst dich eigentlich ganz gut behaupten und sagen, was du willst oder nicht willst. Trotzdem hast du dich gerade auf etwas eingelassen, was du lieber nicht getan hättest? In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du still und heimlich manipuliert wurdest.
Ja, du hast richtig gehört. Skandalöserweise sind wir ständig von Menschen umgeben, die versuchen, uns dazu zu bringen, das zu tun, was sie wollen. Und seien wir ehrlich – wir selbst sind keine Ausnahme. 😉
Manche Menschen sagen offen und direkt, was sie sich wünschen oder brauchen, andere kommunizieren eher verdeckt, um zu bekommen, was sie wollen. Ob es sich dabei um Höflichkeit oder Schüchternheit handelt oder ob du vielmehr manipuliert wirst, erkennst du daran, dass du bei einer Manipulation das Gefühl hast, gar keine andere Wahl zu haben, als „Ja“ zu sagen und zuzustimmen.
Eine erfolgreiche Manipulation bemerken wir meist gar nicht, aber wir können den emotionalen Druck spüren, der aufgebaut wird: Wir fühlen uns der anderen Person z.B. irgendwie verpflichtet oder empfinden Scham oder Schuldgefühle, wenn wir ablehnen oder widersprechen wollen. Irgendwas fühlt sich hochgradig falsch an, aber wir können den Finger nicht darauf legen, was genau dieses Gefühl auslöst.
Ich bin schon mehrmals darauf eingegangen, wichtig unsere Wortwahl für gelungene Kommunikation ist. Manche Menschen sind aber wahre Meister der Manipulation und setzen Sprache gezielt ein, um uns zu steuern. In diesem Artikel schauen wir uns an, welche subtilen, aber effektiven Sprachtricks sie anwenden, um uns zu manipulieren – und vor allem, wie wir uns dagegen wehren können!
Was ist eigentlich Manipulation & was ist daran problematisch?
Fangen wir mit einer griffigen Definition an:
Manipulation ist die bewusste und verdeckte Beeinflussung anderer Menschen, mit dem Ziel, ihr Erleben und Verhalten im Sinne des Manipulierenden zu lenken.
Uffz, klingt ganz schön fies, oder? Aber nicht immer nimmt Manipulation so drastische Formen an wie in der Polit-Serie „House of Cards“ (die ich genau deswegen nur eine Staffel lang ertragen konnte).
Manipulation ist nicht das heimtückische Werkzeug mächtiger Drahtzieher im Hintergrund, sondern findet eigentlich überall statt. Manche Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass jede Form der Kommunikation und Interaktion zwischen Menschen einen manipulativen Charakter hat. Schließlich wollen wir uns in der Regel nicht einfach nur mitteilen und unseren Gefühlen Luft machen, sondern wir wollen unser Gegenüber auch dazu bewegen, etwas zu tun, z.B. uns zu trösten, mehr zu unterstützen, über unseren Witz zu lachen, eigene Ideen einzubringen usw. Wie Friedemann Schulz von Thun es ausdrückt: Kommunikation hat immer einen Ausdrucks- und einen Wirkungsaspekt.
Manipulation ist auch oft im Spiel, wenn ein positiver Zweck erfüllt werden soll: Viele Hilfsorganisationen verwenden z.B. bewusst eine manipulative (Bild-)Sprache, um Menschen dazu zu animieren, möglichst viel Geld für ihr Anliegen zu spenden. Und in der Verhaltensökonomie werden Methoden wie das „Nudging“ eingesetzt, um Menschen unbemerkt zu einem erwünschten positiven Verhalten zu bewegen (gesünder essen, weniger Energie verbrauchen, sich mehr bewegen, …).
Dennoch: Trotz positiver Absicht bewegt man sich immer auch im moralischen Graubereich, wenn man auf Manipulation setzt statt auf offene Kommunikation. Denn Manipulation verhindert, dass eine Person bewusste Entscheidungen treffen, sich inhaltlich, geistig und emotional mit einem Thema auseinandersetzen und zu einer eigenen Meinung und Position finden kann. Manipulative Kommunikation findet nicht auf Augenhöhe statt.
Richtig problematisch wird es, wenn Menschen unbemerkt so beeinflusst werden, dass sie gar nicht mehr in ihrem eigenen Interesse handeln, sondern in demjenigen der Manipulierenden. Und dieses kann ihren eigenen Interessen komplett entgegenstehen. In diesem Fall nehmen die Manipulierenden in Kauf – oder legen es sogar darauf an, – dass die manipulierte Person geschädigt wird. Not cool!
Falls du also deine Antennen für Manipulationsversuche schärfen willst, dann ist das genau der richtige Artikel für dich! Da Manipulation sehr häufig über Sprache und Kommunikation abläuft, stelle ich dir im nächsten Abschnitt die am häufigsten verwendeten manipulativen Sprachtricks vor – und zeige dir, wie du dich erfolgreich dagegen wehrst!
Mini-Disclaimer: Die folgenden Techniken können, müssen aber nicht manipulativ eingesetzt werden. Wie immer kommt es auf den Kontext, dein Gegenüber und die Absichten dahinter an.
Weisse Bescheid? Dann legen wir los!
Vorsicht vor diesen manipulativen Sprachtricks:
1. Manipulative Fragetechniken
Das Verhör
- Wie es funktioniert
- Was du tun kannst
Dein Gegenüber stellt eine ganze Reihe von Fragen. Und auf jede deiner Antworten folgt direkt eine neue Frage:
„Wie war das Treffen gestern?“, „Wer war dabei?“, „Worüber habt ihr so gesprochen?“, „Und wo wart ihr?“, „Wann seht ihr euch das nächste Mal wieder?“, „Wie war es für dich, als …?“
Die Fragen können durchaus sympathisch und freundlich rüberkommen und vielleicht freust du dich am Anfang auch über das große Interesse an dir und deinem Leben. Möglicherweise beschleicht dich aber irgendwann auch ein ungutes Gefühl. Zurecht! Fragen sind mächtig, denn sie verlangen Antworten. Es ist tatsächlich extrem schwer, Fragen unbeantwortet im Raum stehenzulassen. Bei so vielen Fragen erzählst du wahrscheinlich mehr, als du eigentlich teilen wolltest.
Das Problem: Wenn dein Gegenüber dich so ausfragt, hat er am Ende sehr viele Informationen über dich. Und er selbst hat wenig von sich preisgegeben. Dieses Informationsungleichgewicht kann gefährlich werden, denn die Informationen könnten irgendwann gegen dich verwendet werden („Wissen ist Macht“, remember?).
- Stell ebenfalls Fragen:
„Wie war denn dein Treffen?“
„Und was sind deine Pläne für nächste Woche?“
„Wie läuft es denn bei dir so?“
2. Benenne, was gerade vor sich geht:
„Ich merke, dass du mir viele Fragen stellst und dass unser Gespräch etwas einseitig ist. Es ist mir unangenehm, nur über mich zu sprechen. Ich würde gerne auch etwas über dich erfahren.“
„Ich fühle mich gerade ein bisschen ausgefragt. Ich finde es besser, wenn wir einfach ganz ungezwungen miteinander reden und jeder zu Wort kommt.“
3. Stell Rückfragen:
„Warum willst du das wissen?“
„Wieso interessiert dich das so?“
4. Verweigere die Antwort:
„Darüber möchte ich nicht reden, das ist privat.“
„Ich habe gerade keine Lust, das weiter zu vertiefen.“
5. Wechsle das Thema:
„Jetzt haben wir nur über mich gesprochen. Lass uns mal das Thema wechseln. Hast du eigentlich …?“
6. Beende das Gespräch:
„Oh, jetzt hab ich ganz die Zeit aus den Augen verloren. Ich muss los zu meinem Anschlusstermin. Bis dann!“
„Das Gespräch ist mir zu einseitig. Ich habe keine Lust, mich weiter ausfragen zu lassen.“
Suggestivfragen
- Wie es funktioniert
- Was du tun kannst
Dein Gegenüber stellt eine Frage so, dass sie eine bestimmte Antwort von vorneherein nahelegt – und eine anderslautende Antwort praktisch unmöglich macht, wenn du nicht als dumm, ängstlich, inkompetent etc. dastehen willst:
“Von ein paar Anfangsschwierigkeiten lässt du dich doch nicht abschrecken, oder?”
Suggestivfragen können auch verwendet werden, um dir ein Gefühl, einen Wunsch, eine Angst oder ähnliches einzureden:
„Merkst du, wie gut dir die frische Luft tut?“
Lass dich nicht beirren, sondern sag genau das, was du denkst / meinst / fühlst, auch wenn es unerwünscht ist.
Du kannst z.B. direkt widersprechen und dann deine Sicht der Dinge anschließen:
„Von Abschrecken kann keine Rede sein. Ich sehe allerdings gravierende Schwierigkeiten, die das Projekt ernsthaft gefährden. Darüber müssen wir reden.“
„Eigentlich nicht, ich finde es hier draußen vor allem kalt.“
Rhetorische Fragen
- Wie es funktioniert
- Was du tun kannst
Rhetorische Fragen sind eigentlich gar keine Fragen, sondern verkleidete Behauptungen oder Unterstellungen. Auf solche Fragen wird keine ernsthafte Antwort erwartet, sondern zerknirschte oder begeisterte Zustimmung:
„Nennst du das etwa eine gute Leistung?“
„Wir wollen doch alle, dass es klappt, oder?“
- Stell eine konkretisierende Rückfrage:
„Worauf beziehst du dich genau?“
„Was heißt „dass es klappt“ für dich?“
2. Nimm deinen Mut zusammen und widersprich der Behauptung:
„Das sehe ich anders.“
„Das stimmt so nicht.“
„Das kann ich so nicht stehen lassen.“
Alternativfragen
- Wie es funktioniert
- Was du tun kannst
Alternativfragen kommen oft fürsorglich und höflich daher, schränken aber in Wahrheit deine Wahlmöglichkeit auf zwei von deinem Gegenüber vorher ausgewählte Möglichkeiten ein. In der Regel sind das Antworten, die deinem Gegenüber beide recht wären. Eine unerwünschte Antwort wird damit von vorneherein ausgeschlossen:
„Möchtest du einen Kaffee oder lieber Tee?“
„Wollen wir jetzt spazieren gehen oder später?“
Spür genau in dich hinein und überlege, was du wirklich willst – auch wenn diese Option nicht zur Wahl steht:
„Danke, ich nehme ein Wasser.“
„Weder noch, ich bleibe heute zuhause auf dem Sofa.“
Warum-Fragen
- Wie es funktioniert
- Was du tun kannst
Warum-Fragen sind als Frage getarnte Unterstellungen, denn sie setzen einen bestimmten Sachverhalt als Tatsache voraus, gefragt wird nur noch nach dem Grund für diese „Tatsache“, nicht ob die Behauptung überhaupt zutrifft:
„Warum hast du dich im Meeting gestern so aufgespielt?“
„Wieso muss ich dir eigentlich alles zweimal sagen?“
- Stell eine konkretisierende Rückfrage:
„Hast du ein konkretes Beispiel?“
„Wie kommst du darauf?“
2. Widersprich der vermeintlichen „Tatsache“ und stell klar, wie es wirklich war:
„Ich habe mich im Meeting keineswegs aufgespielt. Ich habe die beiden Fragen, die mir gestellt wurden, sachgerecht beantwortet und unsere Grafik erklärt.“
Präsuppositionsfragen
- Wie es funktioniert
- Was du tun kannst
Präsuppositionsfragen tun ebenfalls so, als wäre etwas Bestimmtes bereits abgemachte Tatsache. Abgefragt wird nur noch ein kleines Detail, z.B. wann, wie viel etc.:
„Wann gibt es heute eigentlich Mittagessen?“
„Was bringst du mir Schönes aus dem Urlaub mit?“
Lass dich nicht auf die Detailfrage ein, sondern widersprich der dahinterliegenden Annahme:
„Keine Ahnung, ich dachte, du kochst?“
„Gar nichts. Ich kaufe grundsätzlich keine Souvenirs mehr.“
2. Statusspiele
Es ist ein menschliches Grundbedürfnis, zu einer Gruppe dazuzugehören und von der Gemeinschaft anerkannt und geschätzt zu werden. Manche Menschen treiben diesen Wunsch allerdings auf die Spitze und streben innerhalb ihrer Gruppe nach einem möglichst hohen Status, da dieser oft mit mehr Geld, tatsächlicher Macht und Entscheidungsgewalt und einer ordentlichen Portion Bewunderung einhergeht. (Ok, zugegeben, das klingt gerade tatsächlich sehr attraktiv.)
Um diesen hohen Status zu erlangen, braucht es normalerweise viel Zeit, denn man muss sich in verschiedenen Situationen bewähren und sich den Respekt der Gruppe mühsam verdienen. Wer wenig Geduld und noch weniger Skrupel hat, greift daher gerne zu Manipulationstechniken, um seinen Status künstlich zu erhöhen, z.B. indem er einfach so tut, als hätte er den ersehnten Status schon, oder indem er andere herabsetzt, um im Vergleich größer zu wirken.
Dass dein Gegenüber Statusspiele spielt, erkennst du z.B. an den folgenden Kommunikationstricks:
- Er schmückt sich mit Zitaten von Berühmtheiten oder der Meinung von Autoritäten, um selbst gebildet oder klug zu erscheinen (Namedropping):
„Wie schon Albert Einstein sagte …“
„Ich stimme Elon Musk vollkommen zu, dass …“
- Er lässt wie beiläufig eigene Erfahrungen & Positionen einfließen, von denen er glaubt, dass sie andere beeindrucken:
„Wenn man wie ich selbst mal eine Abteilung geleitet hat, dann weiß man, dass …“
- Er benutzt hierarchische Bilder und Ausdrücke:
„Ich habe in meinem Unternehmen 20 Leute unter mir.“
- Er erklärt anderen gerne, worum es „eigentlich“ geht oder was jemand anderes gemeint hat:
„Im Kern geht es doch um Folgendes: …“
„Was Jana versucht zu sagen, ist …“
- Er macht willkürliche Vorgaben und stellt seine Erwartungen in den Raum:
„Nenn mir 3 Gründe, warum das nicht geht.“
„Von einem kompetenten Team kann ich erwarten, dass …“
- Er verwendet unnötig viele Fach- und Fremdwörter oder/und einen komplizierten und bürokratischen Satzbau:
„Sollte es Ihrerseits zu einer eklatanten Terminverzögerung kommen, ist eine unverzügliche Benachrichtigung unerlässlich.“
- Er inszeniert sich als Vertreter der Allgemeinheit, des Gesetzes oder „aller normalen/vernünftigen“ Menschen:
„Selbstverständlich kann ich hier für Sie keine Ausnahme machen.“
„Niemand mit gesundem Menschenverstand würde das bestreiten.“
„Wie Ihnen bekannt sein dürfte, …“
- Er versucht, andere zu unterminieren, indem er betont großzügig auf vermeintliche Defizite eingeht:
„Du siehst ganz schön fertig aus. Das Projekt bringt dich offenbar an deine Grenzen.“
„Kommen Sie noch mit oder spreche ich Ihnen zu schnell? Ich kann es gerne nochmal einfacher formulieren.“
„Na, na, seien Sie mal nicht so streng mit sich, ein klassischer Anfängerfehler.“
- Er trifft Aussagen mit Absolutsheitsanspruch statt deutlich zu machen, dass es sich um seine subjektive Meinung handelt. Bei dieser Art, zu sprechen, werden gerne auch sogenannten „Killerphrasen“ verwendet, die die Gegenseite mundtot machen sollen:
„Das ist doch Schwachsinn!“ statt „Das Argument überzeugt mich nicht.“
„Das geht nicht.“ statt „Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.“
„Fakt ist doch, dass …“ statt „Meiner Erfahrung nach …“
„Von einem Servicemitarbeiter kann man erwarten, dass …“ statt „Ich habe gehofft/erwartet, dass …“
Brrr, schüttelt es dich auch so wie mich? In allen diesen Fällen kannst du eine Sache tun:
Dich nicht davon beeindrucken lassen.
Das ärgert einen um seinen Status ringenden Menschen am meisten. 😉
Du kannst dich ganz unbeeindruckt entscheiden, einfach gar nicht auf die Aussage einzugehen. Oder du wendest die im ersten Abschnitt genannten Techniken an, z.B. konkretisierende Rückfragen stellen oder klar und deutlich widersprechen. In diesem Artikel findest du außerdem noch 13 weitere Tipps, wie du auf Angriffe und Killerphrasen reagieren kannst.
3. Framing
Seit ein paar Jahren ist der englische Begriff „Framing“ in aller Munde. Menschen, die andere „framen“, verwenden ganz gezielt positive oder negative Wörter und Bilder, um einen Sachverhalt zu beschreiben. Häufig sind Informationen, die wir zum ersten Mal hören, viel weniger neutral als wir glauben, sondern bereits emotional „gefärbt“. Neben der reinen Sachinformation schwingt oft von Anfang an auch eine Bewertung des Sachverhalts mit („XY gibt es und das ist gut/schlecht“).
Ein bekanntes Beispiel ist die Frage nach dem Glas Wasser: Ist es „halb voll“ oder „halb leer“? Natürlich geht es dabei vorrangig um deine eigene Einstellung (Optimismus / Pessimismus), aber es geht auch darum, wie du das Glas Wasser anderen Menschen beschreiben würdest. Und was sie dann wiederum von diesem Glas halten.
Framing funktioniert vorrangig über Sprache: Wir können für denselben Sachverhalt positiv oder negativ konnotierte Worte verwenden, wir können polarisieren, über- oder untertreiben und uns neue Sprachbilder ausdenken, die wertend sind, oder uns ausschließlich auf die Positiv- bzw. die Negativseite eines Sachverhalts konzentrieren.
Schau dir mal die folgenden Wörter an. Vielleicht ahnst du, wie sich unsere Einstellung zu den Dingen verändert, wenn uns Informationen auf die eine oder auf die andere Weise präsentiert werden:
sinnloses Rumgelaber
völlig veraltet
Massenentlassungen
wegsperren
Wucher
Gutmenschen
Lügenpresse
völlig aussichtslos
20% der Menschen sind gestorben
3% fetthaltig
produktiver Austausch
bewährt
Umstrukturierung
in Gewahrsam nehmen
Preisanpassung
Umweltschützer
Informationsmedien
schwierig, aber machbar
80% der Menschen haben überlebt
97% fettfrei
Was kannst du tun?
Wenn dir etwas als besonders positiv oder negativ präsentiert wird, dann such gezielt nach der fehlenden Gegenseite. Nichts ist nur gut oder nur schlecht in unserer komplexen Welt. Frag dich auch, warum und mit welcher Absicht dir das Thema auf diese Weise präsentiert wurde. Werde hellhörig, wenn dich ein Thema direkt emotional aufregt, recherchiere die konkreten Fakten und lass dich nicht so leicht einfangen. Spätestens, wenn du dich in einem wütenden Mob wiederfindest, ist es Zeit, auszuscheren. 😉
4. Verbale Verstärker
Im letzten Abschnitt schauen wir uns Sprachtricks an, die die Wirkung von Sätzen und Bitten verstärken, obwohl inhaltlich genauso viel oder wenig dahintersteht wie hinter Sätzen ohne diese Verstärker.
Wiederholungen
Wiederholungen, insbesondere von Schlagwörtern, erhöhen ohne jede sachliche Grundlage die Glaubwürdigkeit einer Aussage. Je öfter wir etwas hören, desto vertrauter ist uns der Begriff / die Aussage. Und Vertrautheit erzeugt Sympathie, wir „freunden“ uns quasi mit den Gedanken, Worten und Meinungen an und halten sie für glaubwürdiger als wenn wir etwas nur einmal hören.
Vielleicht ist dir schon mal aufgefallen, dass du Musik, die du kennst, Musik vorziehst, die du noch nie gehört hast, auch wenn Genre, Künstler*in, Stimmung etc. des neuen Lieds genau dein Ding sind.
Wir mögen, was wir (wiederer)kennen. Mach dir diesen Effekt bewusst. Nur weil etwas mehrmals wiederholt wird, wird es dadurch nicht wahrer (schade eigentlich).
Vertrauensfördernde Einleitungen
Es gibt einige Einleitungsfloskeln, die direkt dafür sorgen, dass wir genauer zuhören und die danach folgende Aussage ernster nehmen als ohne diese Einleitung, z.B.:
„Halt dich fest, jetzt verrate ich dir was: …“
„Ich bin jetzt mal radikal ehrlich: …“
„Das habe ich noch nie jemandem gesagt: …“
Diese Formeln suggerieren ein (exklusives) Vertrauensverhältnis, sodass du dich wahrscheinlich geschmeichelt fühlst und deinem Gegenüber möglicherweise ebenfalls vertrauliche Dinge mitteilst. Lass dich aber nicht einlullen: Wenn bisher kein Vertrauensverhältnis zwischen dir und deinem Gegenüber besteht, handelt es sich wahrscheinlich um eine Floskel, die genau wegen dieser Wirkung eingesetzt wird! Vertrauen braucht Zeit, es entsteht nicht über eine einzige „vertrauliche“ Offenbarung. Gib also nicht mehr preis als du möchtest, nur weil jemand anderes dir vermeintlich ein Geheimnis erzählt hat (lass dich nicht auf den alten Schuldtrick der Gegenseitigkeit ein).
Scheinbegründungen
Menschen lieben Erklärungen. Und wir reagieren extrem positiv auf das Wörtchen „weil“. Wir haben gelernt, dass nach „weil“ in der Regel eine Erklärung folgt, die dem ganzen Sachverhalt Sinn verleiht oder eine Bitte nachvollziehbar macht. Oft hören wir nach dem „weil“ gar nicht mehr genau hin, weil wir fest davon ausgehen, dass die Begründung schon irgendwie vernünftig sein wird.
Und genau das lässt sich ausnutzen. Mehrere Versuche haben gezeigt, dass Menschen einer Bitte auch dann nachkommen, wenn eine vollkommen sinnleere Scheinbegründung folgt. So baten z.B. mehrere Probanden in einem Experiment darum, am Kopierer vorgelassen zu werden. Ihre Begründung:
„Entschuldigung, ich habe nur fünf Seiten. Würden Sie mich bitte vorlassen, weil ich ein paar Kopien machen muss?“
Über 90% der gefragten Menschen sagten „Ja“. Allein, dass die Bitte begründet wurde, scheint zu reichen – egal, wie. Ganz schön erschreckend, oder?
Verfall beim Wort „weil“ also nicht in Trance, sondern hör genau hin, wie Menschen ihr Anliegen begründen – und prüfe, ob du damit d’accord bist oder nicht. „Weil halt“ ist nach wie vor keine überzeugende Argumentation. 😉
Voreiliger Dank
Vielleicht ist es dir bei Bahnfahrten oder bei Telefonhotlines schon mal aufgefallen: Statt z.B. bei einer Verspätung oder längeren Wartezeit um Entschuldigung oder Verständnis zu bitten, erhalten wir direkt ein:
„Vielen Dank für Ihr Verständnis / Vielen Dank für Ihre Geduld.“
Das klingt höflich, ist es aber eigentlich gar nicht. Denn mit diesem voreiligen Dank wird einfach vorausgesetzt, dass wir Geduld/Verständnis für die Situation hatten. Haben wir aber vielleicht gar nicht. Das kann sich ganz schön bevormundend anfühlen.
In vielen Fällen funktioniert der voreilige Dank aber sehr gut, denn er macht die Erfüllung der Bitte, die eigentlich dahintersteckt, wahrscheinlicher. Wir wurden quasi im Vorfeld mit Lorbeeren geschmückt und wollen uns nun 1. der zugeschriebenen positiven Reaktion und 2. dem Dank als würdig erweisen.
„Übrigens danke ich Ihnen ganz herzlich, wenn Sie mich weiterempfehlen.“
Wer könnte da die gewünschte Weiterempfehlung verweigern?
Du zum Beispiel! Wenn du diesen Sprachtrick erkennst und ihn übergriffig findest.
Voreiligem Dank kannst du z.B. so begegnen:
„Bevor ich für die Situation Verständnis haben kann, möchte ich doch gerne wissen, wie es dazu gekommen ist.“
„Ich empfehle Sie gerne weiter, wenn ich Gelegenheit hatte, Sie und Ihre Arbeit kennenzulernen und mich von Ihrer Qualität zu überzeugen.“
Smooth! 😉
Voilà, nun bist du bestens gerüstet, manipulative Sprachtricks zu erkennen – und dich gegen sie zur Wehr zu setzen! 👏 Wenn du das gerne in einem sicheren Rahmen üben möchtest, kannst du das z.B. in einem individuell auf dich zugeschnittenen 1:1-Training mit mir tun.
Es gibt übrigens noch zahlreiche weitere Manipulationstaktiken, die über die reine Sprachebene hinausgehen, z.B. emotionale Erpressung durch Lob, Drohung oder das Einreden von Schuldgefühlen, sodass ich locker einen weiteren Blogartikel dazu füllen könnte. Wenn dich das Thema interessiert, lass es mich gerne wissen und ich mach mich direkt ans Werk!
Du traust dich oft nicht, für dich einzustehen, und fühlst dich nicht ernst genommen? Schnapp dir deinen gratis Trainingsplan für mehr Durchsetzungsvermögen im Job & leg den nächsten Gang ein!